Diese Woche ist nationale Impfwoche – eine gute Gelegenheit für alle noch Ungeimpften! Ein landesweiter Impfaufruf aller Präsidenten der grösseren Parteien kam aber leider nicht zu Stande. Der SVP-Präsident wollte nicht mitmachen. Schade? Ja. Und dazu unmoralisch.
Gestern Montag startete die nationale Impfwoche. Nach wie vor sind wir mit unserer Impfquote nicht dort, wo wir sein sollten, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
Deshalb mein Wunsch an Sie: Falls Sie, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, noch nicht geimpft sein sollten – packen Sie die Gelegenheit und lassen Sie sich impfen! Sie schützen sich damit vor schweren Krankheitsverläufen. Und Sie schützen auch Ihre Mitmenschen. Zudem erleichtern Sie sich Ihren Alltag – und helfen mit, dass wir bald die bestehenden Massnahmen aufheben und zur Normalität zurückkehren können.
Die Wirkung von Impfaktionen ist umso grösser, wenn diese von einer breiten Allianz getragen werden. Deshalb entstand die Idee, die Präsidentinnen und Präsidenten der grösseren Parteien könnten gemeinsam einen Impfaufruf formulieren. Ansporn zum überparteilichen Effort sei die Hoffnung gewesen, «dass wenigstens die Impfung nicht für parteipolitische Spiele missbraucht» werde, sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth in der «SonntagsZeitung».
Leider hat sich die Hoffnung nicht erfüllt: Der SVP-Präsident will nicht, weshalb der Aufruf ohne ihn realisiert werden musste. Zur Begründung sagte der SVP-Chef, seine Partei lehne «den moralischen Druck» ab, den die übrigen Präsidenten mit dem Aufruf aufbauen wollten.
Wie im Feudalismus
Damit stellt sich wieder einmal die Frage: Was ist «Moral»? Wer handelt «moralisch»?
Die SVP-Parteiführung handelt aktuell so: Die Parteielite im Bundeshaus ist doppelt geimpft. Ihren Anhängerinnen und Anhängern sagen sie aber: «Es ist völlig ok, wenn Ihr Euch nicht impft.» Oder sogar mehr als ok: Die nationalen Wortführer der Partei stilisieren die Impfverweigerer zu Freiheitshelden, welche sich dem angeblichen Diktat der Behörden entgegenstellen.
Mir kommt das ein bisschen vor wie im Feudalismus: Die Anführer sitzen in der warmen Stube und erklären dem «normalen» Volk, es sei ganz ok, wenn man bei minus 10 Grad barfuss unterwegs sei.
Die SVP-Führung setzt mit ihrer Botschaft ihre Anhängerinnen und Anhänger wissentlich einem ernsten gesundheitlichen Risiko aus.
Populistischer Antrieb
Der «Moral»-Begriff stammt vom lateinischen Wort «moralis» ab und bedeutet «die Sitten betreffend». Als «Moral» werden die Werte und Regeln bezeichnet, die in einer Gesellschaft allgemein anerkannt sind.
Insofern: Dass ein Aufruf an die Bevölkerung, die eigene Gesundheit und damit auch die Gesundheit der Mitmenschen zu schützen, eine moralische Dimension hat – das trifft zu. Da hat der SVP-Präsident Recht.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Parteiexponenten, die sich um einen Impfeffort foutieren, unmoralisch handeln – zumal, wenn sie sich selber gesundheitlich längst in Sicherheit gebracht haben und mithin allein von populistischen Motiven getrieben sind.
Respekt vor den Fakten
Ich habe – selbstverständlich – nichts gegen den politischen Fight. Im Gegenteil: Ich debattiere gern. Gleichzeitig würde ich es aber schon sehr begrüssen, wenn ein paar Grundregeln der politischen Auseinandersetzung von allen Beteiligten ernst genommen würden. Zum Beispiel die Regel, dass wir uns als Politikerinnen und Politiker um eine minimale inhaltliche Logik bemühen und allzu eklatante Widersprüche vermeiden sollten.
Tröstlich (und bezeichnend!) ist, dass jene SVP-Vertreterinnen und -Vertreter, die im Gesundheitsbereich Verantwortung tragen, sich mit grosser Energie fürs Impfen einsetzen – ich denke an meine Kollegin in unserer Zürcher Regierung. Oder an den SVP-Gesundheitsdirektor bei den Nachbarn in Aargau.
Dass letzterer mit seinen Argumenten für das Covid-Gesetz bei seiner eigenen kantonalen Parteibasis Gehör fand und eine Ja-Mehrheit erreichte, macht deutlich: Offenbar wünsche nicht nur ich mir von der aktuellen Politik etwas mehr Respekt vor Fakten und Tatsachen. Offenbar wird dieser Respekt auch von der SVP-Basis geschätzt.
Wir Vertreterinnen und Vertreter der politischen Institutionen sollten solche Zeichen ernst nehmen. Andernfalls dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir auf der nach unten offenen Misstrauensskala abstürzen.
Bild: Diese Woche findet in der Schweiz die nationale Impfwoche statt (Quelle: PD)
Ramun G. Saluz schrieb
Gegen die Missinformationen der SVP sollte man gerichtlich vorgehen können.
Schlussendlich schaden sie der Allgemeinheit und werfen Steuergelder zum Fenster hinaus, oder bereichern sie sich damit sogar noch.
Wie die Partei der Mitte ihren Namen wegen des C geändert Hat, sollte die SVP das V für Volk aus Ihrem Namen streichen, denn sie sind alles andere als eine Partei des Volkes. Sie sind eine Partei der Egoisten.